Montag, 26. März 2018

Zachäus einmal anders

Die Geschichte von Zachäus ist wohlbekannt. Jedes Kind, dem die Bibel nahe gebracht wird, kennt die Geschichte aus der Kinderbibel. Zachäus ist der Prototyp vom elenden Sünder, der in der Begegnung mit Jesus Umkehr und Erneuerung erfährt. Und das ist ja alles korrekt. Wunderschön erzählt. Ich habe die Geschichte gerade erst wieder gelesen und versucht einmal einen anderen Blick auf diesen Zachäus zu werfen. Kann ich aus dieser Geschichte noch etwas anderes lernen oder ist ihre Botschaft für alle Zeiten ausgeschöpft?
Hier der Text aus der NeÜ: 


Lk.19,1 Jesus kam nach Jericho und zog mitten durch die Stadt. 2 Dort gab es einen reichen Mann namens Zachäus. Er war der oberste Zolleinnehmer 3 und wollte unbedingt sehen, wer Jesus war. Aber es gelang ihm nicht, weil er klein war und die vielen Leute ihm die Sicht versperrten. 4 Da lief er voraus und kletterte auf einen Maulbeerfeigenbaum. Er hoffte, ihn dann sehen zu können, denn Jesus sollte dort vorbei kommen. 5 Als Jesus an die Stelle kam, blickte er hoch, sah ihn an und rief. „Zachäus, komm schnell herunter! Ich muss heute noch zu dir kommen!“ 6 Schnell stieg Zachäus vom Baum herunter und nahm Jesus voller Freude bei sich auf. 7 Die Leute waren empört, als sie das sahen. „Bei einem ausgemachten Sünder ist er eingekehrt!“, murrten sie. 8 Zachäus aber trat vor den Herrn und sagte: „Herr, die Hälfte meines Vermögens werde ich den Armen geben, und wenn ich von jemand etwas erpresst habe, werde ich es ihm vierfach zurückerstatten.“ 9 Da sagte Jesus zu ihm: „Heute hat dieses Haus Rettung erfahren.“ Und dann fügte er hinzu: „Er ist doch auch ein Sohn Abrahams. 10 Der Menschensohn ist ja gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.“

Wenn man aufhört die Welt nur schwarz-weiß zu sehen, dann kann man auch von diesem Zachäus noch etwas lernen. Er ist zwar „verloren“, aber es ist ja nicht Alles an ihm verloren. Weil ein Mensch Jesus noch nicht kennt oder ohne ihn lebt, ist ja nicht sein gesamter Lebensstil oder alles was er macht oder entscheidet übel.
  1. Erfolg: Zachäus war erfolgreich, sehr erfolgreich. Er war reich und nicht einfach Zolleinnehmer, sondern ihr Oberster. Er hatte eine Führungsposition, er konnte sich verwirklichen, etwas erreichen. Verrät uns der Text so ein paar positive Eigenschaften von Zachäus, die seinen Erfolg begründen und am Ende sogar hilfreich waren für seine Hinwendung zu Jesus?
  2. Ziele: Zachäus wollte Jesus unbedingt sehen (3). Er will etwas unbedingt. Da hat jemand ein Ziel, ein klare Absicht, ein Vorhaben. Im Griechischen steht hier ein Begriff, der starkes Wollen und Verlangen ausdrückt (zeteo). Das Geheimnis für die meisten Erfolge im Leben ist schlicht und einfach Willenskraft. Und die beginnt mit einem starken Wollen. Das ist bei Zachäus schon einmal vorhanden.
  3. Initiative: Es gelingt Zachäus nicht Jesus zu sehen (3). Er ist zu klein, die Menge zu groß, die Sicht versperrt. Er will etwas und es gelingt nicht. Probleme und Hindernisse tauchen auf. Der Wille stößt auf Widerstände. Und jetzt? Gibt er auf? Lässt er sich von seinem Vorhaben abbringen? Nein. Zachäus läuft voraus und klettert auf einen hohen Baum (4). Vorauslaufen, vorausschauen, Initiative ergreifen, das ist seine Methode, Hindernisse zu überwinden und Widerstände zu besiegen. Er wartet nicht bis alle vorbei sind, vielleicht hat er Glück und es tut sich eine Lücke auf durch die er Jesus erspähen kann. Er hofft nicht auf Glück, er unternimmt lieber etwas. 
  4. Anstrengung: Als kleiner Mensch auf einen Maulbeerbaum klettern ist nicht ohne. Das sind grosse Bäume, oft mit hochliegenden Zweigen. Das war anstrengend und mühevoll, vielleicht sogar ein wenig gefährlich. Auf alle Fälle viel Aufwand, um etwas zu sehen. Es war ihm ernst. Zachäus scheut nicht die Anstrengung, den Aufwand und die Arbeit. Er investiert seine Kraft und Zeit.. Etwas das ich bei erfolgreichen Menschen immer wieder sehe und beobachte. Minimalismus und Erfolg gehen selten miteinander.
  5. Risikobereitschaft: Zachäus konnte nicht sicher sein, ob Jesus an ihm vorbeikommen würde. Die Straße war nicht abgesperrt und der Weg der friedlichen Versammlung nicht vorgezeichnet. Vielleicht würde Jesus an der falschen Stelle abbiegen, aufgehalten werden oder in ein Haus gehen. Er hoffte, ihn dann sehen zu können (4). Zachäus handelt nicht erst, wenn die Sache wasserdicht ist, garantiert erfolgreich und zielführend. Er riskiert seine Mühe, er wagt die Lösung. 
  6. Neugierde und Optimismus: Und nun entdeckt Jesus diesen kleinen Mann im Baum. Und etwas hat er in ihm gesehen, vielleicht hat er ähnliche spontane Schlussfolgerungen gezogen wie ich in Punkt 1-5 und gemerkt, dass in diesem Mann etwas Besonderes steckt. Der hat Potential - zum Guten wie zum Schlechten. Wenn der für das Reich Gottes arbeitet, dann vielleicht mit ähnlichen „Erfolg“ wie für die Zollbehörde. Und so lädt er sich selbst bei Zachäus ein. Zachäus kann nicht wissen, was kommt. Zu erwarten wäre nichts Positives. Man sieht ja, wie die Leute über ihn reden - ja sogar schimpfen. Eher eine Strafpredigt, Vorwürfe, Demütigung. Aber nicht so Zachäus. Er hört diesen Ruf und zögert nicht. Schnell steigt er herab und nimmt Jesus mit Freude auf. Man spürt hier seinen Optimismus. Jetzt kommt etwas, das Freude auslöst. „Jetzt wird es gut“, denkt er. Was für ein unverbesserlicher Optimist. Wenn alle eine Strafpredigt und göttliche Abmahnung erwarten, hofft dieser Mann auf etwas Positives und Freudiges. Das macht ihn neugierig. Diesen Jesus will er bei sich haben. Jetzt will er wissen, was kommt. Optimismus fördert Neugierde. Der Pessimist ist nicht neugierig, denn er erwartet das Schlechte. Danach ist man nicht immer wieder neugierig. 
  7. Das Richtige tun: und nun kommt der Teil, den wir in jeder Predigt über Zachäus aufgreifen: der Mann hat solch eine starke, bewegende Begegnung mit Jesus, dass er seine bisherige betrügerische Lebensart überwinden und das angerichtete Unrecht wenigsten zum Teil wieder gutmachen möchte. Und er will den Menschen Gutes tun mit seinem Besitz, weil er es als das einzig Richtige erkennt. Jetzt wird wiedergutgemscht. Dabei haben gerade eben die Leute noch über ihn abgelästert (7). Sie bezeichnen ihn als Sünder, murren darüber, dass Jesus zu ihm geht. Sie gönnen ihm diesen Besuch keineswegs. Das erlebt Zachäus sicher mit. Ihr Unmut ist verständlich, für Zachäus trotzdem nicht angenehm. Aber er gibt ihnen (oder sicher vielen von ihnen) sein Geld, zahlt zurück, obwohl er sie gerade feindselig und verachtend erlebt hat. Aber er handelt weil es das Richtige ist und nicht, weil die netten Leute ihn so dazu ermutigt haben. Und so handelt derselbe Zachäus mit der gleichen Geradlinigkeit, Zielstrebigkeit und Konsequenz, wie er zuvor seinen Job getan hat und mit allem zielstrebig an die Grenzen und darüber hinaus ging. Zachäus hört auf ein Betrüger zu sein, er hört auf Geld über alles zu stellen. Aber ich hoffe er bleibt derselbe willensstarke, zielstrebige, initiative, arbeitswillige, risikobereite und optimistische Typ wie zuvor. Das wäre stark für das Königreich und das hat Jesus gesehen. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen