Freitag, 27. Dezember 2013

Den Sünder lieben und die Sünde hassen?

Immer wieder hört man diesen Satz, wenn es darum geht, bestimmte Verhaltensweisen an Menschen zu verurteilen. Dieser Satz soll zum Ausdruck bringen, dass man die Sünde nicht dulden kann, den Menschen aber nicht verurteilen möchte. Man macht diesen Kunstgriff, weil man ja weiß, dass man nicht richten soll und scheinbar kann man somit die Sünde verurteilen, aber nicht den Menschen.

Es braucht aber die Tiefenpsychologie der Moderne, um diese Einteilung hinzubekommen. Diese innermenschliche Abspaltung der Person in ihr Tun und ihr Sein, ist der Anthropologie der Bibel fremd.
Und was so einfach klingt, braucht ein hohes Maß an göttlicher Liebe, damit es uns Menschen gelingt, derart differenziert lieben und hassen zu können.
Und selbst Gott geht so nicht vor. Er lässt ja nicht den Menschen exklusive seiner Sünden in den Himmel, da er der Herr der Unterscheidung ist. Es gibt ja nicht die Person mit Sünde und die Person ohne Sünde. Gott wirft nicht die Sünde in die Hölle, lässt den nackten Menschen aber in den Himmel schlüpfen. Der Mensch wird wegen seiner Sünde verurteilt. 
Es ist der Humanismus, der uns vorgaukelt, es gäbe einen guten, rettenswerten Kern im Menschen, den Gott sieht und wegen dessen er sich erbarmt. Als könne Gott durch unserer Sündhaftigkeit hindurchsehen auf unseren unverdorbenen, göttlichen Kern. Luther würde sich im Grab herumdrehen! Dieser Gedanke macht in keiner Weise ernst mit der Sünde des Menschen. Wer die Sümde hasst, der muss den ganzen Menschen hassen, denn der Mensch ist ganz Sünder, da ist nichts Gutes in ihm, kein guter Kern, nichts Liebenswertes, das Gott entdeckt und den Menschen entsprechend liebt.

Es ist gerade nichts am Menschen, das Gottes Liebe auslöst. Gottes Liebe ist grundlose Liebe, unmotivierte Liebe, bedingungslose Liebe - in dem Sinne, dass man Gott nicht motivieren muss uns zu lieben. Man muss ihm keinen Grund liefern uns zu lieben. Genau das ist menschliche Liebe. Eros. Sie stellt den Wert eines Menschen fest und liebt ihn entsprechend. Agape, die göttliche Liebe, ist völlig anders: sie liebt grundlos und stellt damit Wert her. Gott reagiert nicht mit seiner Liebe. Er ist die Quelle der Liebe.
Und darum muss Gott auch nicht durch unsere Sünde hindurch unseren guten Kern finden, um uns lieben oder erretten zu können. Er liebt und rettet, weil er die Quelle der Liebe und des Erbarmens ist und diese Liebe in Jesus den Weg für unsere Erlösung geschaffen hat.

Den Sünder lieben und die Sünde hassen ist nicht nur menschlich unmöglich, es ist auch soteriologischer Unfug, mehr noch, es ist geradezu gefährlich.

Wir sind aufgefordert ebenso bedingungslos den ganzen Menschen zu lieben mit Agape. Egal welche Sünden er begeht. Und hassen gehört nun schon gar nicht zu unserem Repertoire an Fähigkeiten.

Sehr schön fasst das auch Tony Campolos in folgendem Video zusammen:










2 Kommentare:

  1. Servus Martin,

    vielen Dank erst einmal für die letzte Serie, wo ihr ja auch das Thema Homosexualität gestreift habt.

    Ich meine verstehen zu können, was dein Gedankengang ist. Aber Humanismus hin oder her, ist unsere Erfahrung nicht genau die, dass wir Menschen Licht und Schatten sind? Ich denke schon, dass es in uns Menschen Anknüpfungspunkte für Liebe gibt.

    Wenn es um Toleranz beispielsweise Homosexuellen gegenüber geht, dann ist meiner Ansicht nach nicht der beste Weg, alle unter die Kategorie "Sünder" zu packen, sondern alle unter die Kategorie "Mensch im Ebenbild Gottes" zu packen. Daher haben wir Menschen unsere Würde.

    Gruß
    Jason

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  2. Hm, und doch macht für mich die oft gehörte Phrase weitgehend Sinn. In Bezug auf sich selbst wenden die Menschen sie jedenfalls öfters an im Sinn, dass sie einige ihrer Taten hassen, sich selbst deswegen aber nicht verstossen und verabscheuen. Martin, du schreibst auch: "Wer die Sünde hasst, der muss den ganzen Menschen hassen, ..." Auf Gott trifft diese Aussage jedenfalls nicht zu, oder? Er hasst die Sünde und doch nicht den ganzen Menschen, sonst hätte er kaum sein Leben für uns hingegeben. (Aber einverstanden: Er liebt uns nicht wegen irgend einem guten Kern in uns!) Und wieso sollte für seine Nachfolger dasselbe - durch Gottes Hilfe - nicht auch möglich sein?

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