Wir alle wissen, dass Gott klare Absichten hat, einen
Plan für diese Welt, einen klaren Willen und einen klaren Weg für das Reich
Gottes, also seiner Herrschaft auf dieser Welt.
Und dort, wo Menschen Teil dieses Planes werden, wo
Menschen versuchen das Reich Gottes zu bauen, seine Herrschaft auszubreiten und
seinen Willen umzusetzen, nennen wir das Religion.
So entstand zunächst die jüdische Religion als Ausdruck
davon, Gottes Willen zu leben
Und danach die christliche Religion als Versuch, das
Reich Gottes zu bauen.
Und zu Beginn waren Gottes Wille und die Religion
deckungsgleich, aber im Laufe der Jahre hat sich das immer wieder auseinander
entwickelt, kam wieder näher zusammen, kam ganz weit weg, näherte sich wieder
an usw.
Immer wieder musste Gott korrigierend eingreifen und den
Versuch unternehmen, seine Religion zurückzuführen zu seinem Willen und seiner
Vorstellung vom Reich Gottes.
Keinesfalls sind also Religion und Gottes Wille immer
deckungsgleich!
Ganz besonders die jüdische Religion hat sich immer
wieder weit entfernt von Gottes Absichten.
Die alttestamentlichen Propheten sinn voll davon und
versuchen immer wieder die Religion des Volkes zurückzuholen zu den Absichten
und Plänen Gottes.
So sagt Jeremia: Jer 5:23 Aber dieses Volk hat ein
störrisches, trotziges Herz. / Sie wandten sich ab und gingen davon.
Jes. 29:13 Weiter hat der Herr gesagt: "Dieses Volk
ist nur mit dem Mund nah bei mir, / es ehrt mich mit den Lippen, aber sein Herz
ist weit von mir fort. / Ihre Gottesfurcht ist ohne Wert, weil sie nur auf
angelernten, menschlichen Geboten beruht.
An einem ganz bestimmten Zeitpunkt in der Geschichte der
jüdischen Religion tritt nun Gott selbst auf den Plan, indem er Mensch wird und
auf diese Welt kommt.
Ca. 30 Jahre lebte Jesus als Jude und wurde Teil dieser
jüdischen Religion.
Was findet Jesus vor, als er zu uns kommt?
In welchem Zustand befand sich die jüdische Religion zur
Zeit Jesu?
Lag sie auf der geraden Linie der Absicht Gottes oder
hatte sie sich weit entfernt davon?
Aus den Berichten des Neuen Testaments erkennen wir, dass
es einige gravierende Probleme gab in der jüdischen Religion. Einige davon
möchte ich aufzeigen.
1. Erstarrung in
Moral
Das vielleicht gravierendste Problem war die Erstarrung
der Religion in reine Moral und Gesetzlichkeit.
Die Juden hatten aus dem Alten Testament 613 verschiedene
Gebote extrahiert. Sie waren Leitlinien für das Leben.
Zudem bauten sie aber Hunderte von weiteren Geboten um
diese biblischen Gebote herum, um diese zu verschärfen, zu verstärken und zu
schützen.
Das waren die sog. Satzungen und Gebote der Ältesten.
Zur Zeit Jesu gab es diese vor allem mündlich, erst in
späterer Zeit wurden sie dann aufgeschrieben und Teil der Mischna und des
Talmud.
Für das normale Volk stellten all diese moralischen
Anweisungen ihrer Religion eine ungeheure Last dar.
Jesus beschreibt
das einmal so:
Mt.23, 4 Sie knebeln euch mit unerfüllbaren religiösen
Forderungen und tun nicht das Geringste, um euch die Last zu erleichtern.
Und an einer anderen Stelle sagt er:
Mt.11, 28 Ihr plagt euch mit den Geboten, die die
Gesetzeslehrer euch auferlegt haben. Kommt alle zu mir; ich will euch die Last
abnehmen!
In diesem Punkt hatte sich die jüdische Religion weit von
Gottes Absichten entfernt, denn es war nie seine Idee, ein moralisches Gebäude
zu erschaffen.
Gott wollte eine Herzens-und Vertrauensreligion!
Wunderbar beschreibt das der Prophet Hesekiel, wenn Gott
durch ihn sagt:
Hes.36,26 Ich will euch ein anderes Herz und einen neuen
Geist geben. Ich nehme das versteinerte Herz aus eurer Brust und gebe euch ein
lebendiges Herz. 27 Mit meinem Geist erfülle ich euch, damit ihr nach meinen
Weisungen lebt, meine Gebote achtet und sie befolgt.
Gehorsams sollte nicht das Resultat rigoroser moralischen
Anweisungen und Gesetzlichkeit sein, sondern eine Herzenssache, motiviert vom
Geist Gottes.
2. Heuchelei
Eine zweite außerordentlich problematisch Sache in der
jüdischen Religion war die Heuchelei.
Die ausgeprägte Gesetzlichkeit, die vielen uneinhaltbaren
Gebote und der religiöse Druck, der ausgeübt wurde, führte weite Teile der
Bevölkerung in die Heuchelei.
Weil man viele Gebote nicht einhalten konnte, musste man
wenigstens so tun, als lebte man nach den Satzungen der Ältesten.
Und so entwickelte sich die jüdische Religion zu einer
scheinheiligen, unehrlichen Religion.
Dinge wurden äußerlich eingehalten, aber innerlich hatte
sich nichts verändert.
Ständig wurde nach Tricks und Möglichkeiten gesucht,
Gebote zu umgehen oder den religiösen Forderungen ein Schnippchen zu schlagen.
Jesus kann sagen:
Matthäus 24,25:
Euch Schriftgelehrten und Pharisäern wird es schlimm ergehen. Ihr Heuchler!
Sorgfältig achtet ihr darauf, dass eure Tassen und Teller nach außen sauber
sind, doch innerlich seid ihr durch und durch verdorben - voller Missgunst und
Maßlosigkeit!
Gleichzeitig boten die vielen Gebote natürlich auch eine
weitere Möglichkeit der Heuchelei, nämlich mehr zu scheinen als man ist, mit
der Einhaltung der Gebote anzugeben, sich einen besonderen Anschein der
Frömmigkeit zu verpassen.
Und auch diese prahlerische Seite der Religion war weit
von dem entfernt, was Gottes Wille und Gottes Absicht darstellte.
Auch hier kann Jesus sagen:
Matthäus 6,5: Und wenn ihr betet, macht es nicht wie die
Heuchler, die sich zum Gebet gern in die Synagogen und an die Straßenecken
stellen, um von den Leuten gesehen zu werden. Ich sage euch: Sie haben ihren
Lohn damit schon erhalten.
Immer wieder wird diese unehrliche, prahlerische, in die
Heimlichkeit treibende Seite der Religion scharf kritisiert, von den Propheten
im Alten Testament oder von Jesus im Neuen Testament.
3. Ausgeprägte
Machtstrukturen
Eine weitere Fehlentwicklung der damaligen Religion waren
die ausgeprägten Machtstrukturen.
Wo bei Gott eigentlich kein Ansehen der Person ist,
sondern alle Brüder und Schwestern sind, haben sich in der jüdischen Religion
Strukturen entwickelt, die es ermöglichten, dass die einen Macht über die
anderen ausüben konnten.
Eigentlich war es Gottes Absicht, dass immer wieder ein
Ausgleich stattfindet, das verschuldete Menschen wieder schuldenfrei werden
konnten, dass versklavte Menschen wieder frei werden konnten.
Dazu gab es extra die Regel des Sabbatjahres und des
Erlassjahres, so dass ein schweres Schicksal nie ein ewiges Schicksal sein
würde.
Alle 7 Jahre bzw. vor allem alle 50 Jahre wurden Schulden
erlassen, Grundstücke zurückgegeben und Mitbürger aus der Sklaverei entlassen.
Aber diese Praxis des Erlassjahres fand schon lang keine
Anwendung mehr im Judentum zur Zeit Jesu.
Menschen kamen aus ihrer Schuld nie mehr heraus, nicht
nur sie, sondern auch ihre Kinder wurden zu Schuldsklaven.
Ein ganz großer Teil der Bevölkerung waren Tagelöhner,
was sogar noch niedriger war als Sklaven und hatten keine Chance, je aus diesem
Elend herauszukommen.
Denn einem Tagelöhner blieb keine legale Möglichkeit,
irgendetwas zu ersparen, sich Besitz zu verschaffen und gesellschaftlich
aufzusteigen.
Und gleichzeitig wurde die Religion dominiert von ein
paar wenigen Mächtigen, den Sadduzäern und dem jüdischen König, die überhaupt
nichts übrig hatten für das einfache Volk und vor allem an ihrem Machterhalt
interessiert waren.
Entsprechend gestalteten sie die Religion mit vielen
Unterdrückungsmerkmalen und kollaborierten mit den noch Mächtigeren, nämlich
den Römern, was in ihrem Gesetz ausdrücklich verboten war.
Auch hier weist Jesus auf den eigentlichen Willen Gottes
hin und sagt:
Mk 10:42 Aber Jesus rief sie zu sich und sprach zu ihnen:
Ihr wisset, daß die weltlichen Fürsten herrschen und die Mächtigen unter ihnen
haben Gewalt. Aber also soll es unter euch nicht sein. Sondern welcher will
groß werden unter euch, der soll euer Diener sein; und welcher unter euch will
der Vornehmste werden, der soll aller Knecht sein.
Mt.20, 16 Genauso ist es bei Gott: Viele, die jetzt die
Ersten sind, werden die Letzten sein, und die, die jetzt die Letzten sind,
werden dann die Ersten sein.«
Das waren jetzt drei Beispiele, wo sich die jüdische
Religion weit entfernt hatte von Gottes ursprünglicher Absicht und Gottes
Willen.
Jesus trifft also auf eine jüdischen Religion, die in
weiten Teilen nicht mehr das abbildete, was Gott sich vorgestellt hatte.
Und natürlich kam Jesus nicht auf die Welt, um diese
verirrte Religion zu unterstützen und zu fördern, sondern um sie zu korrigieren
und zu erneuern.
Und aus dem Grund hat Jesus vieles anders gemacht, er hat
mit seinem Tun einen Kontrast dargestellt, anders gelehrt und anders gelebt.
Und das führte natürlich zu enormen Spannungen zwischen
den Vertretern der Religion und Jesus mit seinen Jüngern.
Immer wieder begegnen wir im Neuen Testament dieser
Konfrontation.
Immer wieder muss sich Jesus von den Vertretern der
jüdischen Religion Vorwürfe anhören.
So fragen sie ihn Dinge wie:
Warum heilst du am Sabbat? Es gibt doch genug andere
Tage, an denen man heilen kann.
Warum wäscht du nicht rituell die Hände vor dem Essen?
Warum gehst du in das Haus eines Sünders?
Warum isst du mit einem Zöllner?
Warum nennst du einen heidnischen Hauptmann frommer als
uns?
Warum lässt du dich von einer Frau berühren und warum
sprichst mit Frauen?
Warum verurteilst du nicht die Ehebrecherin?
Warum erklärst du unreine Speisen für rein?
Warum lässt du dich von Aussätzigen berühren?
Warum kritisierst du die religiösen Führer?
Warum treibst du die Dämonen nicht so aus wie wir?
Was hast du gegen Reichtum und Wohlstand, der doch ein
Segen Gottes ist?
Zusammengefasst kann man sagen:
Immer wieder wurde Jesus gefragt, warum er es nicht so
macht wie alle?
Warum muss er die Dinge anders machen?
Warum kann er nicht bei dem bleiben, was überliefert ist
und was schon die Thora und die Ältesten lehren?
Warum kann er nicht die alte, gute Religion unterstützen?
Warum bringt er alles durcheinander?
Nun gibt es einen Text, wo Jesus ein für alle Mal eine
Antwort gibt auf seine Andersartigkeit.
Eine Antwort, warum er es nicht so macht wie bisher, und
warum er in Vielem gegensätzlich handelt als die bisherige Religion.
Seine Antwort im nächsten Blog.