Freitag, 22. Mai 2015

Ist das ein Gott der Liebe? - Teil 2


Gottes große Macht

Das ist der zweite Teil meiner Ausführungen zur Frage, wie wir Schicksalsschläge und die Liebe beziehungsweise Allmacht Gottes zusammenbekommen. Teil 1 findet man hier.
Die erste Antwort liefert uns das Hiob Buch. Im Hiobbuch erfährt die Hauptperson, also Hiob, schreckliches Leid. Zuerst werden seine gesamten Viehherden geraubt oder getötet. Dann werden seine zehn Kinder durch einen Sturm getötet. Und am Ende verliert er seine Gesundheit und leidet an einer furchtbar schmerzhaften Hauterkrankung, die ihn fast um den Verstand bringt. Die Zuschauer der Geschichte erfahren die Ursache dieser Leiderfahrung: Es ist eine Prüfung die über Hiob ergeht. Es soll herausgefunden werden, ob er nur so ein frommer und gottesfürchtiger Mann ist, weil es ihm so gut geht. Hiob selbst weiß nichts von der zugrunde liegenden Ursache seines Leidens. Und für Hiob kommt irgendwann der Moment, wo er seinem Zorn, seiner Wut und seinen Vorwürfen Gott gegenüber freien Lauf lässt. So lamentiert Hiob:
24,12 Das Stöhnen der Sterbenden liegt über der Stadt, und die tödlich Verwundeten schreien um Hilfe - doch Gott achtet nicht darauf. 
13,24ff Warum ziehst du dich von mir zurück und betrachtest mich als deinen Feind? Warum verfolgst du mich und jagst mir Schrecken ein? Ich bin doch nur ein welkes Blatt, ein dürrer Halm! Ein bitteres Los hast du über mich verhängt; du strafst mich sogar für die Sünden meiner Jugend. Du legst meine Füße in Ketten, beobachtest jede Bewegung und bewachst mich auf Schritt und Tritt. So zerfalle ich langsam wie ein Holz, das vermodert, wie ein Kleid, das die Motten fressen." 
Das ganze zieht sich dann viele Kapitel hin, und endet darin, dass Gott sich doch noch an Hiob wendet und ihm vor allem seine Größe und Allmacht beschreibt. In mehreren Kapiteln zeigt Gott Hiob, wie groß seine Macht ist, seine Schöpferkraft. Gott beschreibt Hiob wie er die Welt geschaffen hat, wie die Sterne und Planeten entstanden sind, er beschreibt ihm deren Umlaufbahnen und wie es zum Licht in der Welt kam, wie das Wetter entsteht, die Wolken, Blitz und Donner. Er beschreibt den Kreislauf von Regen, Wachsen, Gedeihen und Ernten. Etwas, das von ganz alleine abläuft, ohne das Zutun irgend eines Menschen. Gott beschreibt Hiob, wie er die Tierwelt erschaffen hat und alles wunderbar aufeinander abgestimmt ist und welche Wunder in der Natur anzutreffen sind.
 
Hiob erkennt die unfassbare Größe und Macht Gottes. Und gleichzeitig wird ihm seine eigene Kleinheit, Unwissenheit, Beschränktheit und Einfalt bewusst. Zu Beginn der Geschichte ist Hiob noch überzeugt, Gott in die Karten schauen und ihm Unfähigkeit und Chaos vorwerfen zu können.
Noch in Kapitel 23 sagt er ganz kühn:
3 Wenn ich nur wüsste, wo sich Gott befindet und wie ich zu ihm hingelangen könnte! 4 Ich würde ihm schon meine Lage schildern, ihm meine Gründe und Beweise nennen. 5 Ich bin gespannt, was er dann sagen würde, wie er mir darauf seine Antwort gäbe.
Hiob hat zu den Eindruck, dass er mit Gott ein Streitgespräch führen könnte und ihm einmal so richtig die Meinung sagen. Er würde Gott schon beweisen, dass seine eigenen Pläne die Richtigen sind und Gott einige Fehler in seiner Weltenplanung macht. In Kapitel 27 ist er noch der Meinung, dass er ganz genau Bescheid weiß, wie Gottes Gedanken und Pläne aussehen:
11 Ich will euch über Gottes Tun belehren, und wie der Allmächtige gesinnt ist, will ich nicht verhehlen.
Hiob ist der festen Meinung, genau Bescheid zu wissen, wie das Leben zu funktionieren hat und wie es eigentlich richtig laufen sollte. Übermütig kann er seinen Freunden sagen:
13, 18 Siehe, ich bin zum Rechtsstreit gerüstet; ich weiß, dass ich Recht behalten werde.
Aber nachdem Hiob mit Gottes Macht und Größe konfrontiert wurde, ändert sich alles. Er erkennt, dass Gott wirklich einen Plan, den Durchblick hat, kein Chaos veranstaltet und unndlich mal besser weiß, was auf dieser Welt geschieht, geschehen soll und mit unserem Leben los ist. Die große Erkenntnis für Hiobs ist, dass sein Leben und die ganze Welt in Gottes Hand sind. Egal was passiert, Gott weiß es, Gott sieht es und mein Leben ist in seiner Hand! Und so endet das Hiob Buch mit dieser großen Erkenntnis:
42,2 "Herr, ich erkenne, dass du alles zu tun vermagst; nichts und niemand kann deinen Plan vereiteln. Du hast gefragt: 'Wer bist du, dass du meine Weisheit anzweifelst mit Worten ohne Verstand?' Ja, es ist wahr: Ich habe von Dingen geredet, die ich nicht begreife, sie sind zu hoch für mich und übersteigen meinen Verstand. Du hast gesagt: 'Hör mir zu, jetzt rede ich, ich will dich fragen, und du sollst mir antworten!' Herr, ich kannte dich nur vom Hörensagen, jetzt aber habe ich dich mit eigenen Augen gesehen! Darum widerrufe ich meine Worte, ich bereue in Staub und Asche!"
Angesichts von Leid, Schmerz und Trauer, kann eine mögliche Antwort sein, sich Gottes grosse Macht vor Augen zu halten. Inmitten des Leides sage ich zu Gott:
  • Gott ich verstehe nicht, warum das passiert ist!
  • Ich blicke nicht mehr durch! 
  • Ich wünschte mir alles so anders. 
  • Aber ich vertraue darauf, dass du weisst, was passiert. 
  • Du hast die Kontrolle! 
  • Du bist grösser und weiser als alles andere. 
  • Mein Leben ist in deiner Hand. Die Welt ist in deiner Hand. 
Die Lösung besteht also darin, angesichts von Gottes Grösse, Weisheit und Macht darauf zu vertrauen, dass Gott weiß was er tut, selbst wenn ich es nicht verstehe. Meine Sicht der Dinge, mein Durchblick, mein Verständnis erfassen nicht Gottes große Absichten, Gottes großen Plan und sein Handeln an der Welt. Aber ich vertraue dieser Größe, dieser Weisheit und dieser Macht, die allesamt von Gottes Liebe motiviert sind.
Wir sind ein wenig in der Rolle der unmündigen Kinder, die sich das Verhalten der Eltern nicht erklären können, die sich von den Eltern vielleicht ungerecht oder unfair behandelt fühlen, aber einfach deshalb, weil sie die Absichten und die Motive der Eltern noch nicht durchschauen können.
Wir fühlen uns wie das Kind, dem das Taschenmesser weggenommen wird, das es in der Schublade gefunden hat, damit es sich nicht selbst verletzt. Das Kind erlebt vor allem den Verlust, nicht bekommen, was es will, beraubt werden. Die Eltern sehen den Schutz, die Bewahrung, die Vereitelung von Schmerz oder Verletzung.
Diese Lösung ermutigt uns, Gott unser Vertrauen auszusprechen, dass wir in unserer Kleinheit, Unmündigkeit und Unwissenheit seine großen Pläne nicht wirklich durchschauen können und ihm trotzdem vertrauen.
Glaube und Vertrauen sind in diesem Sinne nicht die Überzeugung, dass alles im Leben gut ausgeht, sondern die Gewissheit, dass alles Sinn macht, egal wie es ausgeht.

 In Teil drei wird es um eine weitere Antwort gehen, die aber im genauen Gegensatz zu dieser Antwort stehen wird und trotzdem genauso wichtig und genauso wahr ist.

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