Montag, 21. Juli 2014

Bestimmt die Nachfrage den Wert?

Ich habe einen interessanten Artikel von Jörg Ahlbrecht (Willow Creek Deutschland) gelesen, der nachdenkenswert ist:




Es zeichnete sich schon länger ab. Die letzten Jahre wurde es immer teurer und immer häufiger ging etwas kaputt. Unser Familienauto war fällig. Wir haben es gekauft, kurz nachdem unsere zweite Tochter geboren war. 12 Jahre sind wir damit unterwegs gewesen. 166.000 Kilometer - die Kinder sind darin groß geworden. Unzählige Holland-Urlaube, Fahrten zum Einkaufen oder zum Gottesdienst. Dieses Auto hat unsere Familie die ganze Zeit begleitet. Und nun ist seine Zeit gekommen. Wir müssen es abgeben.
Es hat Macken bekommen über die Jahre. Alle möglichen Teile mussten ersetzt werden. Aber es war unser Auto. Es stand immer vor unserer Tür. Und nachdem ich es einen ganzen Samstag gewaschen, poliert, gesaugt und geputzt hatte, sah es wieder richtig klasse aus. Prompt kamen mir Zweifel, ob wir es wirklich abgeben sollten. Jetzt, wo es so blitzt und blinkt und richtig was her macht ... 
Und dann der Schock: Keiner will es haben. Niemand hat Interesse an diesem Wagen. Lediglich ein Aufkäufer, der es vermutlich nach Osteuropa exportiert.
Das kann doch nicht sein. UNSER AUTO - mit einem Mal wertlos? Für mich ist es kostbar ... und jetzt soll es für einen lachhaft niedrigen Preis einfach verschwinden? Ich hänge normalerweise nicht sehr an Sachen, aber das macht mir etwas aus.
Wert ist in unserer Gesellschaft nichts Objektives. Wert wird allein von der Nachfrage bestimmt. Wenn es niemand haben will, ist es auch nichts wert. Aber diese Sicht ist zu einseitig - und... sie ist unmenschlich. Es gibt Werte, die unterliegen nicht den Gesetzen des Marktes, sie werden nicht durch Nachfrage bestimmt - sie sind gesetzt. Es gibt Dinge, die sind und bleiben wertvoll, egal, wie viele Leute danach fragen. Das mag für mein Auto nicht gelten, aber für viele andere Dinge. Liebe, Leben, Freude, Freundschaft, Vergebung, Gerechtigkeit, Sinn, Hoffnung - um nur ein paar zu nennen.
In einer Welt, die den Wert nur noch nach den Gesetzen des Marktes bestimmt, hält die Gemeinde Jesu andere Werte hoch. Der Markt allein macht uns unmenschlich ...  



Samstag, 12. Juli 2014

Ich träume von einer Kirche - Teil 4

Ich sehne mich nach Gemeinde als einer Gemeinschaft von Christen, die nur eines sein wollen: Medien der Barmherzigkeit Gottes; denen man es selber ansieht, was es heißt: „Mir ist Erbarmung widerfahren“; die aus der Barmherzigkeit leben, und die anderen ... nun genauso barmherzig begegnen; ich sehne mich nach Gemeinde als einer Gemeinschaft von Bettlern, die anderen Bettlern zeigt, wo es etwas zu essen gibt.


Heinzpeter Hempelmann

Mittwoch, 9. Juli 2014

Ich träume von einer Kirche - Teil 3

Ich träume von einer Kirche, die es nicht mehr besser weiß; die nicht mehr die Gemeinschaft derer ist, die besonders heilig sind und moralisch hervorragen; die anderen Menschen nicht in erster Linie vorschreibt, wie sie zu leben haben; die nicht herrscht, sondern dient; die ihren Gottesstandpunkt aufgibt, im Wissen darum, dass sie in ihrer Geschichte die Legitimation als moralische Anstalt längst verloren hat.


Heinzpeter Hempelmann

Montag, 7. Juli 2014

Mit dem Motorrad in der Kirche

Am 29.6. haben wir bei uns in der Theodorskirche einen Live Motorradauftritt gehabt. Ich habe über unser Leben als Motorrad gesprochen und einzelne Teile des Motorrads mit unserem Leben verglichen.
Um dem ganzen etwas Nachdruck zu verleihen führ mein Sohn mit seiner coolen Maschine zu "Born to be wild" durch die alte Kirche bis auf die Bühne.
Wer mehr sehen möchte:


Sonntag, 6. Juli 2014

Buchempfehlungen für die Ferien

Viele werden in den kommenden Tagen die Koffer packen und sich bereit machen für die Ferien. Etwas das in keiner Reisetasche fehlen darf sind natürlich Bücher. Lesen am Strand oder auf einer Wiese in den Bergen oder im eigenen Garten.

Ich möchte euch ein paar Buchempfehlungen für die kommenden Wochen mitgeben:

1. Mark Batterson: Kreiszieher: Kühn beten - und Wunder erleben



Dein Gebet. Dein Kreis. Sein Wunder. Ein packendes Buch zum Thema Gebet, das neuen Glauben weckt und zum Beten ermutigt! Während einer Dürreperiode in Israel zog Honi, der Weise, einen Kreis in den Sand und gelobte, nicht eher aus ihm herauszukommen, bis Gott sein Gebet um Regen erhört hatte. Inspiriert von dieser jüdischen Legende zeigt Mark Batterson anhand von biblischen Geschichten und eigenen Erlebnissen, wie wir Wunder erleben können, wenn wir Gebetskreise um unsere Träume, unsere Familien, unsere Probleme und vor allem Gottes Versprechen ziehen. Wenn wir Gott alles zutrauen, anhaltend beten und ein wenig Geduld haben, ist alles möglich.

2. Tobias Faix: Warum ich nicht mehr glaube: Wenn junge Erwachsene den Glauben verlieren

Wie verliert man seinen Glauben? Warum geht es oft jungen Leuten so? Die Autoren lassen Menschen zu Wort kommen, die sich vom Glauben abgewandt haben, und forschen nach Gründen. Sie stoßen auf Erschütterndes genauso wie auf Unverständliches, auf Herausforderndes wie Bedauernswertes. Auch wenn jeder seine eigene Geschichte hat, lassen sich doch bestimmte Leitmotive ausmachen, die zu einer Abwendung vom Glauben beitragen. Ein erhellendes Buch für Pastoren, Jugendleiter und Christen, die sich für einen ehrlichen Glauben interessieren.


3. Brian McLaren: Nachfolge auf neuem Kurs: Zehn Fragen, die den Glauben verändern



Wird die frohe Botschaft nur noch "verwaltet"? Schwindende Mitgliederzahlen, eine zunehmende Kluft zwischen Gläubigen und nichtkirchlichen Menschen, die Unflexibilität traditioneller Strukturen sowie die abnehmende Strahlkraft christlicher Verkündigung lassen keinen Zweifel: Der christliche Glaube ist unter Druck.

Aber Brian McLaren, der laut Time Magazine zu den einflussreichsten evangelikalen Führungspersönlichkeiten Amerikas gehört, hat auch eine gute Nachricht: Der christliche Glaube steckt selbst voller neuer Impulse und kreativer Lösungen! Dabei geht es um mehr als Modifikation, es geht um einen echten Kurswechsel. In zehn aktuellen Fragen bedenkt der Autor daher anhand zahlreicher konkreter Beispiele durchaus provozierend die Grundthemen des christlichen Glaubens, zeigt Irrwege und Verkrustungen des Denkens und Handelns auf und stellt im Rückgriff auf Jesus und die Bibel Neuansätze vor. Damit wird eine Diskussion angestoßen, die von den Wurzeln der christlichen Botschaft her verschlossene Türen, Augen und Ohren öffnet und im persönlichen Leben wie auch in den christlichen Gruppen und Kirchen einen höchst kreativen Aufbruch in Gang setzt.

4. Bill Hybels: Gottes leise Stimme hören: Die lebensverändernde Kraft der leisen Stimme Gottes

 

„Ohne Übertreibung kann ich sagen“, schildert Bill Hybels, „dass die Fähigkeit, Gottes Führung zu erkennen, mich vor einem langweiligen und selbstzerstörerischen Leben bewahrt hat. Gottes Reden hat meinen Weg korrigiert, hat mich vor Versuchungen bewahrt und mir inmitten meiner dunkelsten Stunden der Verzweiflung neue Kraft geschenkt.“ Doch achten wir auch auf Gottes Flüstern? Bemerken wir, wenn er uns bei wichtigen Entscheidungen helfen und uns die Augen für das Leid anderer öffnen will? Bill Hybels zeigt, wie unser Leben aussehen kann, wenn wir ein Ohr für Gottes leise Stimme haben und uns von ihm durch das Leben navigieren lassen …

(Buchbeschreibungen von Amazon)

Ich wünsche euch viel Freude und Inspiration beim Lesen.

Dienstag, 1. Juli 2014

Ich träume von einer Kirche... Teil 2

Ich träume von einer Gemeinde von Menschen, die Barmherzigkeit lernen, weil sie nicht über die Schlechtigkeiten und Verfehlungen anderer reden, sondern ihnen beistehen und an ihren Lebensverhältnissen teilnehmen; ...ich träume von Gemeinde als einer Gemeinschaft von Menschen, die sich einlässt auf die Nöte und Ängste und aussichtslosen Situationen, auf die nicht zu behebende Schwäche der Haltlosen, die Armut derer, die wirklich nicht genug Disziplin, Kraft oder einfach Unter-stützung haben, um es besser zu machen, ihr Leben in den Griff zu bekommen oder weiter zu kommen. 

Heinzpeter Hempelmann

Montag, 30. Juni 2014

Ich träume von einer Kirche...

Ich habe einen wunderschönen Text von Prof. Dr. Heinzpeter Hempelmann entdeckt, in dem er seinen Traum von Kirche beschreibt. Ich werde in den kommenden Tagen einzelne Traumsequenzen daraus zitieren. Sie annimieren zum Mitträumen und hoffentlich auch zum Anpacken.

Ich träume von einer Gemeinde, die nicht mehr primär
damit beschäftigt ist zu fragen, was sie denn von Nicht-
Christen unterscheidet und worin denn der richtige Glaube
besteht.
Ich träume von einer Gemeinde, die nicht stolz darauf
ist, dass sie die Wahrheit hat; dass sie – im Gegensatz zu
anderen – den richtigen Glauben besitzt; einer Gemeinschaft
von Menschen, die vielmehr erfahren hat: die
rettende Wahrheit ist kein Set von theologisch korrekten
Sätzen, sondern eine Person; sie erschließt sich uns nicht
über das Für-wahr-halten von theologischen Richtigkeiten,
sondern in der gelebten Beziehung zu IHM, im Leben aus
seiner Zuwendung, Barmherzigkeit und Gnade.

Eine Frage der Perspektive



 Auf die richtige Perspektive kommt es an:

http://www.freeimageslive.com/galleries/workplace/education/pics/learning_background.jpgBrief einer Internatsschülerin an ihre Eltern:„Liebe Mami, lieber Papa, entschuldigt, dass ich solange nicht geschrieben habe, aber leider wurde mein Zimmer samt allem Besitz zerstört und zwar in der Nacht, als unser Schülerwohnheim abbrannte. Ich wurde erst vor kurzem aus dem Krankenhaus entlassen und der Arzt meinte, dass meine Verbrennungen in einigen Monaten abgeheilt sein werden. Ein wundervoller junger Mann, Ali, der mich aus den Flammen gerettet hat, bot mir an, in sein kleines Apartment zu ziehen, solange bis das Wohnheim wieder aufgebaut ist. Er kommt aus dem Iran und daher werdet ihr  überrascht sein,  zu hören, dass wir heiraten wollen. Sein Drogenproblem wird er bestimmt auch bald in den Griff bekommen. Und da du immer Grossmutter werden wolltest Mami, wirst du dich sicher darüber freuen, dass du in 7 Monaten tatsächlich Grossmutter wirst.
In Liebe, Eure Claudia
P.S.: Bitte beachtet obigen Zeilen nicht. Es gab kein Feuer im Wohnheim, ich war nicht im Krankenhaus, ich bin nicht schwanger und habe nicht einmal einen Freund. Aber ich bekam eine ungenügend in der Mathematikprüfung und eine Mangelhaft in Französisch und ich wollte, das ihr diese Nachricht aus der richtigen Perspektive seht.

Selbstleiterschaft

Durch ein Gespräch mit einem Leiter, der gerade durch einen grosses Wechsel in seinem Dienst geht, bin ich ganz neu auf das Thema Selbstleiterschaft gestossen. Es ist die Aufgabe eines Leiters und eigentlich eines jeden Christen sich regelmässig wichtige Lebens- und Glaubensfragen zu stellen. In der Vergangenheit habe ich einiges zu diesem Thema gearbeitet und stelle euch die wichtigsten Selbstleiterschaftsfragen stichwortartig vor.




Prüft euch! Stellt selbst fest, ob euer Glaube noch lebendig ist! Oder ist bei euch nichts mehr davon zu merken, daß Jesus Christus unter euch lebt? 2.Kor.13,5
 

1.     Entfalte und entwickle ich mich in meiner Berufung?
o   Mache ich immer noch das, was Jesus mit gezeigt hat und was er mir ins Herz gelegt hat?
o   Jesus: Ich tue nur, was ich den Vater tun sehe...
o   Kenne ich meine Berufung? Habe ich noch klare geistliche Ziele im Leben?
o   Oder bin ich inzwischen dabei gelandet, es nur noch den Menschen recht zu machen, oder es mir recht zu machen
o   Bin ich ein Berufener Gottes oder nur noch ein Getriebener? Lebe ich noch bewusst?
o   Schreibe doch einmal selbst deine Grabrede. Was hättest du gerne, dass man über dich sagt. Wofür willst du einmal gelebt haben. Was sind die grossen Werte in deinem Leben? Was ist deine Vision?

2.     Ist meine Leidenschaft und meine Motivation für Gott, sein Königreich und die Christen immer noch heiss
o   Wie steht es um die geistliche Temperatur meines Lebens?
o   Brennt da noch ein Feuer für Gott in mir oder hat der Alltag, hat das „tägliche Allerlei“, die Erwartungen und die Enttäuschungen des Lebens und der Menschen meine Leidenschaft erstickt?
o   Wie steht es um meine Leidenschaft für die Bibel und für das Gebet?



o   Und wie steht es um meine Leidenschaft für meine Glaubensgeschwister und die Gemeinschaft. Habe ich da meinen Idealismus verloren?
o   Wie steht es um meinen Wohlwollentank? Ist der seit langem leer?

3.     Entwickle ich meine Gaben und Fähigkeiten?

o   In Stärken investieren, nicht Schwächen aufpeppeln damit sie mittelmässig werden.
o   Was sind meine beiden Topbegabungen? Kenne ich sie? Benutze ich sie?
o   Was tue ich um meine Gaben zu entwickeln?
o   Blieben meine Fähigkeiten in den letzten Jahren auf gleichem Niveau? Erhöht sich nur die Quantität meines Gabeneinsatzes, nicht aber die Qualität desselben?

Meine beiden Topgaben:  _______________________________________________
                                        
                                         _______________________________________________


4.     Verändert sich mein Charakter?

o   In die Charakterschwächen investieren und für die Stärken dankbar sein.
o   Was sind meine beiden grössten Schwächen? Meine beiden grössten Charakterdefizite.
1.      ____________________________________________________


2.      ____________________________________________________

o   Hat sich in diesen Gebieten etwas zum Positiven verändert in den letzten Monaten oder Jahren?
o   Erlebe ich an mir selbst, dass dieses Evangelium die Kraft hat frei zu machen und zu verändern, so dass ich auch für andere diese Hoffnung habe.
 

  1. Bringe ich bleibende Frucht für Jesus?

    • Wie steht es um mein Herz für Christus fernstehende Menschen? Beschäftigt mich dieses Thema? Zeigt sich davon irgendetwas in meinem Alltag?

    • Wie selbstzentriert ist mein Leben?
    • Die Lebendigkeit unseres Glaubens zeigt sich doch gerade darin, ob er sich multipliziert.

  1. Wie steht es um meinen inneren Frieden?

    • Ist mein innerer Frieden am Wachsen oder am Schrumpfen?
    • Der Energiehaushalt meines Lebens:
      • Wie gestresst bin ich?
      • Wie lange halte ich das Tempo durch, das ich gerade angeschlagen habe? Wie lange hält es meine Familie durch?
    • Bin ich dabei einzugehen zu der Ruhe, die uns noch vorhanden ist oder wird die Unruhe, die Sorgen, die Ängste von Jahr zu Jahr schlimmer
    • Verliere ich meine Frieden und wächst mein Stress v.a. 
      • weil ich manches, was ich tue aus den falschen Motiven tue, 
      • weil ich mich mit anderen messen möchte, 
      • weil ich mich vergleiche, 
      • weil ich jemand sein möchte. Das erhöht den Druck und schwächt meinen Energiehaushalt.

Mittwoch, 25. Juni 2014

Montag, 23. Juni 2014

Bathseba und die Armut der Menschen heute

Am Samstag ist ein Artikel bei jesus.ch erschienen, der ein Interwiev mit mir veröffentlicht zu einer Predigt, die für den Stop Armut Preis 2014 nominiert wurde:

Interview mit Martin Benz

Bathseba und die Armut der Menschen heute

Was hat der Einzug Bathesbas in Davids Königspalast mit Armut und sozialer Ungerechtigkeit zu tun? Die Predigt von Martin Benz «Leben auf Kosten der Armen» ist für den StopArmut-Predigtpreis 2014 nominiert. Ein Interview mit dem potenziellen Preisträger.


Livenet: Martin Benz, die Wahl der Bibelstelle, auf welche Sie sich in Ihrer Predigt beziehen, überrascht auf den ersten Blick. Was hat die Geschichte von David und Bathseba mit Gerechtigkeit und Armut zu tun?
Martin Benz: Diese Geschichte ist bekannt für das Thema Ehebruch. David verführt Bathseba und lässt deren Ehemann umbringen, um seinen Ehebruch zu verheimlichen. Im Anschluss daran sendet Gott den Propheten Nathan zu David, um dessen Schuld aufzudecken. Nathan erzählt David eine Geschichte, die die eigentliche Schuld Davids deutlich macht: Ein reicher Bauer, der Vieh im Überfluss hatte, bekommt Besuch und bringt es dann nicht übers Herz, eines seiner Schafe zu schlachten. Er lässt anstelle dessen einem bettelarmen Bauern sein einziges geliebtes Schaf wegnehmen und für sein eigenes Gastmahl schlachten. Was dieser reiche Bauer mit dem armen Bauern macht, das machte David mit Bathseba und deren Ehemann Uria. Sie leben auf Kosten der Armen! Sie üben Macht aus über die Machtlosen und rauben ihnen ihre Lebensgrundlage, um selbst keinen Verzicht üben zu müssen. Das verabscheut Gott. Welche Parallelen sehen Sie zwischen dieser Geschichte und unserem Alltag in der Schweiz?
Als erstes sehen wir den Ehebruch und den Mord. Wenn man kein Ehebrecher oder Mörder ist, ist man bei dieser Geschichte auf der sicheren Seite. Geht es aber um Machtausübung und Raub gegenüber den Armen, dann ist diese Geschichte ganz nah an jedem Menschen in der westlichen Welt: Beim reichen Bauern war es das Lamm, das er mit seinem Gast auf Kosten des armen Bauern schlemmt. David nahm Uria seine Frau, obwohl er bereits mehr als zehn Frauen hatte. Es könnte aber auch der Lohn sein, der dem Arbeiter vorenthalten wird, damit der Kaffee im Supermarkt billiger ist. Oder der Fisch, den ein Konzern vor den Küsten armer Länder aus dem Meer fischt, so dass für die einheimischen Fischer nichts mehr übrig bleibt.
Warum fällt es uns oft so schwer, die vielen Verse und Geschichten aus der Bibel zu Armut und Gerechtigkeit auf unser Leben zu beziehen?
Die Verse und Geschichten zu Gerechtigkeit und Armut fordern zum Handeln auf. Und das ist manchmal unbequem, denn es stellt mein Leben im Wohlstand und im Überfluss in Frage. Oftmals fühlt man sich angesichts der grossen Probleme aber auch hilflos und ohnmächtig.
Seit Jahren lässt Sie das Thema soziale Gerechtigkeit nicht mehr los. Gab es eine Art Auslöser für diese Leidenschaft für mehr Gerechtigkeit?
Durch eine persönliche Zerbruchserfahrung war ich plötzlich auf Gottes Gnade und die Barmherzigkeit anderer Menschen angewiesen. Seither lässt mich das Thema Barmherzigkeit nicht mehr los. Ich will einen Beitrag leisten zu einer barmherzigeren Welt, bin aber noch weit von der alltäglichen Umsetzung meiner Überzeugungen entfernt. Genügsamkeit und Grosszügigkeit fallen mir noch immer schwer. Ich versuche aber einen Schritt nach dem anderen zu gehen.

Wie hat sich diese Leidenschaft praktisch in ihrem Gemeindeleben ausgewirkt?
Wir möchten, dass unsere Gemeinde ein Ort der Barmherzigkeit ist. Gott hat uns Türen geöffnet, dies konkret leben zu können. Wir verteilen pro Woche ca. 1,5 Tonnen Lebensmittel an über 200 Arme und Bedürftige, helfen ihnen beim Gang zum Amt oder bei der Wohnungs- oder Arbeitsuche. Ein bedürftiger Friseur aus Syrien schneidet im Gemeindezentrum Haare, wir verteilen regelmässig Kleider und haben einen Deutschkurs durchgeführt. An Weihnachten feiern wir mit über 100 Armen den Heiligen Abend.  

Webseiten:
Der StopArmut-Preis
Die Gewinner des StopArmut-Preises 2012

Zum Thema:
Preise für Armutsbekämpfung: StopArmut-Preis 2014 zum Thema Armut und Umwelt
StopArmut-Preis 2014: Der Mann, der die Wüste Ägyptens fruchtbar macht

Datum: 23.06.2014
Autor: Stéphanie Bürgi
Quelle: Livenet / StopArmut2015


 Hier der Predigtvideo: Leben auf Kosten der Armen





Montag, 9. Juni 2014

Wort des Tages

WIR SOLLTEN NACH LEUTEN AUSSCHAU HALTEN, 
DIE WILD ENTSCHLOSSEN SIND, SICH DER JESUSBEWEGUNG ANZUSCHLIESSEN: 
ÄLTERE UND JUNGE LEUTE, DIE DEM EVANGELIUM PLATZ MACHEN IN IHREM LEBEN. 
DIE ES DURCHLEUCHTEN LASSEN UND IN AKTIVITAT UMSETZEN! 
PROF. PAUL M. ZULEHNER 
 
(aus Aufatmen 2/2014) 

Sonntag, 1. Juni 2014

Erbarmen oder Sentimentalität

Gestern war ich im Rahmen der ökumenischen Bewegung "Miteinander für Europa" auf einer Pilgerwanderung von Allschwil nach Mariastein m Raum Basel.

Als Meditationsstoff erhielten wir drei Geschichten aus dem Lukasevangelium. Zum einen die Geschichte des Jünglings von Nain, zum anderen die vom barmherzigen Samariter und zum dritten die des verlorenen Sohns. An allen drei Stellen geht es um das Thema Barmherzigkeit. Es sind die drei Stellen im Lukasevangelium, an denen das griechische Wort splangchnízomai steht. Es meint eigentlich in den Eingeweiden zutiefst bewegt zu sein. Es ist der stärkste Ausdruck für Erbarmen, dass die Evangelien kennen.

Auffällig an diesen Stellen ist, dass dieses Empfinden des Erbarmens sofort zum Handeln führt:

Beim Jüngling zu Nain erbarmt sich Jesus und erweckt ihn zum Wohle seiner verwitweten Mutter zum Leben.

Beim barmherzigen Samariter handelt dieser sofort, macht Halt und versorgt den Verletzten.

Beim verlorenen Sohn erbarmt sich der Vater, läuft seinem Sohn entgegen, kleidet ihn neu ein und macht ein Fest.

Da wird nicht  diskutiert oder lamentiert oder Pläne geschmiedet oder Vörsätze gefasst. Es werden nicht Risiken abgewogen und Erfolgschancen geprüft. Es wird gehandelt!

Wenn man von göttlichem Erbarmen erfasst wird, dann führt das zur Aktion, zur konkreten helfenden Handlung. Das machen diese Stellen deutlich. Dieses griechische Wort bezeichnet immer Handeln oder Verhalten und nicht nur innere emotionale Vorgänge.

Wenn Erbarmen also nicht zur konkreten Handlung führt, sondern nur bei frommen Vorsätzen bleibt oder sich vom möglichen Risiko abschrecken lässt, dann war es wahrscheinlich nichts anderes als Sentimentalität. Und Sentimentalität ist der größte Feind des Erbarmens, denn es ist mit bewegten Gefühlen zufrieden, wird aber nur selten aktiv. Erbarmen dagegen will handeln und wird aktiv.

Dienstag, 20. Mai 2014

Samstag, 10. Mai 2014

Der Mythos Gemeindewachstum

Vor vielen Jahren war ich auf einer Konferenz in der Saddleback Church in Californien. Ein Satz der mir besonders hängen blieb stammte von Rick Warren. Er lautete:
Was gesund ist wächst von ganz alleine.
Gemeint ist damit, dass gesunde Gemeinden von ganz alleine wachsen. Wenn man also auf die Gesundheit seiner Gemeinde achtet, dann ist es unweigerlich so, dass sie wachsen wird.
Auch der Umkehrschluss gilt dann: wächst eine Gemeinde nicht, dann muss irgendetwas krank oder nicht in Ordnung sein.
Ganz ähnlich kann man diesen Gedanken auch bei Christian Schwarz und seiner natürlichen Gemeindeentwicklung nachlesen.
Viele Jahre hat mich dieser Satz geprägt und ich habe immer wieder mangelndes Gemeindewachstum oder Stillstand  als Zeichen ungesunder Gemeinde oder ungesunder Leidenschaft interpretiert.

Inzwischen halte ich diesen Satz und das dahinter postulierte Prinzip für schlichtweg falsch. Gerade ein Blick in die Natur zeigt, dass es eben gerade nicht so ist, dass jeder gesunde Organismus in der Natur immer weiter wächst.
Die meisten Organismen, Tiere und auch der Mensch wachsen zu ihrer vorgegebenen Größe. Und dann ist auch Schluss mit dem Wachstum. Ab dann geht es dem Organismus um Erhaltung seines Zustandes.
Gesunde Menschen oder Ameisen oder Elefanten wachsen ja auch nicht immer weiter, solange sie gesund sind.
Ist die genetisch vorgegebene Größe erreicht, geht es vielmehr um stetige Erneuerung und nicht mehr um Wachstum.
So wie in der Natur die Größe genetisch und durch die Umwelt bestimmt werden, so ist die Größe einer Gemeinde wohl eher von Gott vorgegeben als ständig steigerbar durch möglichst gesunde Prinzipien.

Es wird Zeit sich freizumachen von diesem versklavenden Prinzip, dass jedem Pastor Land auf Land ab einreden möchte, er macht seine Arbeit nicht gut und habe eine ungesunde Gemeinde, bloß weil sie nicht ununterbrochen wächst und eine Mega Church wird. Vielleicht ist die von Gott vorgegebene Größe schon lange erreicht und nun geht es darum, sich zu erneuern, unterwegs zu den Menschen zu sein und den Himmel auf die Erde zu bringen. Aber das muss noch lange nicht bedeuten, dass Gott jedem Pastor eine 1000 Mann Gemeinde zugedacht hat.

Besonders hilfreich fand ich hierzu einen Artikel von Larry Osborne, der diesen Gedanken noch weiter entfaltet. Da dieser Artikel online nicht mit zu Verfügung steht, füge ich hier eine Kopie des Textes ein.

I’ve always been told that if a business or church isn’t growing, something must be terribly wrong. After all, healthy things always multiply and grow.But frankly, that’s hogwash. It’s based on idealistic and wishful thinking. It’s a leadership urban legend. And a dangerous one at that.Nothing in nature supports the goofy idea that healthy things always multiply and grow. In fact, in the natural order of God’s creation, it’s quite the opposite. The higher up the food chain, the shorter the period of multiplication. The same goes for growth. Living things grow to a size predetermined by DNA and environment. Then they spend all of their energy sustaining life at the size God ordained.Some are ants. Some are elephants. Most are somewhere in between. But once any living thing reaches its prescribed size, it stops growing. It’s not a matter of health. It’s a matter of God’s design.What makes the myth of endless multiplication and growth so dangerous when applied to organizations is what it does to the leaders and ministries who buy into it.
  • First, it puffs up the elephants. Have you noticed that the primary proponents of this myth are always theorists (those who love to describe the ideal without ever having to make it happen) or those of us who already have an elephant-sized ministry?
  • Second, it emotionally crushes the ants (and pretty much anyone who fails to measure up to the elephants). The result is a plethora of pastors and ministry leaders who feel guilty and inadequate for not growing beyond their gifting, spiritual DNA, and the fertility of the harvest field they serve in.
  • Third, it tempts those who face a slowing growth rate (or no growth) to take organizational steroids. Instead of accepting our God-ordained size and faithfully taking care of what we have, we panic and chase after the latest gimmicks and programs in the mistaken belief that bigger always means healthier. But as we all know, while steroids can make us bigger and stronger, they’ll never make us healthier.
So what do you think? How has the myth of endless multiplication and growth as the natural order of things impacted the way you lead, evaluate your success, and plan for the future?

Dienstag, 6. Mai 2014

Intersexualität

SWR1 LeuteHeute habe ich einen interessanten Podcast gehört mit Lucie Veith, der Vorsitzenden des Vereins "Intersexuelle Menschen".
Die Medizin spricht von Intersexualität, wenn ein Mensch genetisch (aufgrund seiner Geschlechtschromosomen) und/oder anatomisch (aufgrund seiner Geschlechtsorgane) und hormonell (aufgrund des Mengenverhältnisses der Geschlechtshormone) nicht eindeutig dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zugeordnet werden kann. (aus Wikipedia)
Was beim Thema Homosexualität bisher noch nicht möglich ist, nämlich eine klare genetische oder hormonelle Ursache für homosexuelles Empfinden festzustellen, das ist beim Thema Intersexualität jedoch möglich. Das bedeutet allerdings nicht, das ausgeschlossen ist, dass in Zukunft auch klare »medizinische« Ursachen für Homosexualität festgestellt werden können.

Wo in der Vergangenheit intersexuelle Menschen durch Operationen im Säuglingsalter auf ein eindeutiges Geschlecht festgelegt wurden, nimmt man heute davon zunehmend Abstand und überlässt die Entscheidung über eine mögliche Genitaloperation den Betroffenen selbst. Man trägt dabei zum einen der Tatsache Rechnung, dass die uneindeutige sexuelle Identität nicht nur eingebildet ist, sondern tatsächlich biologische Ursachen hat. Besonders bei intersexuellen Menschen wird die Spannung zwischen sexuellem Erscheinungsbild oder geschlechtsspezifischer Erziehung und sexueller Identität sehr deutlich.
Das Interview mit Lucie Veith macht diese Spannung deutlich und welche Auswirkung ein falscher Umgang von Menschen auf deren Psyche haben kann.
Das Zuhören dieser Konversation verlangt mir wieder einmal Bescheidenheit und Zurückhaltung ab wenn es darum geht, vorschnell über Menschen zu urteilen oder über ihr Schicksal so klar biblischen Bescheid zu wissen.

Liest man im Wikipediaartikel über Intersexualität weiter, stößt man dort auf einen Satz, der mich traurig stimmt:
»Einige Intersexuelle mit Wunsch nach Religion oder Esoterik haben – ebenso wie Schwule, Lesben und Transgender – der christlichen Kultur aufgrund ihrer mangelnden Akzeptanz den Rücken gekehrt.«
Warum hat es Jesus geschafft, dass sich gerade die Randfiguren und die Sonderfälle der Gesellschaft ihm scharenweise angeschlossen haben, wohingegen diese Menschen heute aufgrund mangelnder Akzeptanz der Kirche, dem Christentum und damit leider auch Jesus selbst den Rücken kehren?
Wer an diesem Thema weiterdenken möchte empfehle ich den Podcast von SWR Leute anzuhören.

Donnerstag, 1. Mai 2014

Missbrauch von Gottes Wort


Missbrauchsfälle in der Kirche haben lange Zeit die Berichterstattung in den Medien bestimmt. Grundsätzlich ging es dabei immer um sexuellen Missbrauch. Und das ist wichtig, solche menschenverachtenden und antichristlichen Verhaltensweisen ans Licht zu bringen.
Aber es gibt auch anderen Missbrauch in christlichen Kreisen: der Missbrauch von Gottes Wort, durch den dann wieder einzelne Christen oder Kirchen missbraucht werden. Er liegt vor, wenn die Bibel so gebraucht und eben Missbraucht wird, dass die eigene Meinung als Gottes Wort deklariert wird und mit der vermeintlichen Klarheit von Gottes Wort, also der eigenen Meinung, jede Diskussion ausgelöscht wird. 
Es geht um die tragische Verwechslung von eigener theologischer Überzeugung und den Aussagen der Bibel. Theologische Überzeugungen sind gut und wichtig, aber sie resultieren aus meiner Interpretation der Bibel. Und sie sind meine subjektive Meinung. In allen geistlichen Gesprächen von Menschen begegnet uns immer nur Interpretation der Bibel und nie nur Bibel pur. 
Sehr gut formuliert diesen Missbrauch Heinzpeter Hempelmann in einem Aufsatz, aus dem ich kurz zitieren möchte
Bemerkenswert ist das schon psychologisch: Ich habe da ein Anliegen, aber es ist ja zunächst nur meines. Es wird aber ein allgemeines und wichtiges, indem ich beanspruche: Es ist nicht meine, es ist Gottes Sicht der Dinge, die ich da vertrete. Gott selber sagt. Sein Wort sagt. Höher kann man nicht zielen. Mehr Autorität kann ich nicht beanspruchen, und das obwohl ich doch nur ein kleiner Mensch mit womöglich wenig Autorität bin. Den mühsamen Prozeß der Findung von Unterstützung oder der Erzielung von Konsens durch Kompromiß kann ich so spielend umgehen. Wer wollte Gott widersprechen, seinem Wort gegenüber Widerstand leisten? ...
Das ist Mißbrauch der Bibel, Mißbrauch auch des Wortes Gottes. Das ein solcher Mißbrauch häufig passiert, macht die Sache nicht besser. Dieser Mißbrauch funktioniert nur, weil in der Sache die Notwendigkeit der Hermeneutik und Interpretation bestritten wird. „Die Bibel ist völlig eindeutig. Willst du bestreiten, daß Gott klar redet? Willst du dich um klare Befunde herumdrücken?" Nur die Negation der Notwendigkeit der Hermeneutik macht ein solchermaßen „assertorisches" und imperativisches Reden möglich. Die Argumentation, wenn man denn von einer solchen sprechen will, ist immer dieselbe:
die Bibel sagt/ Gott sagt/ Gottes Wort sagt/ Gottes Wille ist - und hier kommt dann zunächst ein Bibelwort und dann völlig unvermittelt die eigene Position. Gottes Wort ist das, was ich euch sage. Und umgekehrt: was ich euch sage, ist ganz offenbar Gottes Wort....
Vergleichbares gilt auch für den biblizistischen Argumentationsansatz, den wir zu Anfang präsentiert haben. Bei Licht besehen, wird da ja gar nicht die Bibel, das Wort Gottes präsentiert, sondern nur eine subjektive Auswahl der biblischen Belege, die die eigene Position unterstützen. Der Mißbrauch liegt in der Selektion bestimmter Stellen und in der Ausscheidung derer, die nicht passen. Im besten Fall liegt hier mangelnde Sorgfalt vor. Immer jedoch geht es um den geistlich-theologischen oder besser: ungeistlichen und ganz und gar untheologischen Willen zur Macht.

Eine wichtige Hilfe, um Gottes Wort eben nicht zu missbrauchen ist nach Hempelmann die Demut. Er schreibt:
  • Demut: genaues Unterscheiden zwischen dem, was ich vertrete, und dem, was womöglich der Wille Gottes/ das Evangelische etc. ist. Es zeichnet den Sektierer aus, daß er diese Unterscheidung übergeht. Genau dieser Verzicht auf die Unterscheidung zwischen mir und dem Wort Gottes bedeutet denn auch den Mißbrauch des Wortes Gottes, und mag ich es auch noch so häufig im Munde führen. Ich treibe Theologie im Wissen darum, daß ich Gottes Standpunkt, seine Sicht der Dinge nie und nimmer erreiche. Das bedeutet übrigens auch den Verzicht auf Bibelhermeneutken, die genau das unterstellen: daß es möglich sei, Gottes Wort 1:1 in die Gegenwart hinein zu sagen. 
Es bleibt zu wünschen, dass in geistlichen Auseinandersetzungen mit mehr Demut und Bescheidenheit diskutiert wird.